An welchem Projekt arbeitest Du gerade?
Zurzeit arbeite ich unbeirrt weiter an einer Sonderedition von Spinden für die Kunsttage Winningen, obwohl diese Veranstaltung im Mai schon abgesagt bzw. um 2 Jahre verschoben wurde. Aber so verlängert sich die Vorfreude darauf. Noch mehr konzentriere ich mich momentan auf die Ausstellung bei The View. Dafür arbeite ich an einer Rauminstallation, mehr wird aber hier nicht verraten.

Wie beeinflusst die gegenwärtige Situation Dein künstlerisches Schaffen?
Da ich zurückgezogen auf dem Land lebe, ändert sich am Arbeitsprozess momentan wenig. Aber inhaltlich fühle ich mich in meinem Thema bestärkt. Die Vergänglichkeit in meinen Bildmotiven sollte schon vor der Pandemie erinnern, dass nicht alles immer selbstverständlich ist, dass die Welt sich ständig verändert und wir auf unser Erreichtes nicht nur mit Stolz, sondern auch mit etwas Demut blicken sollten.

Chancen in der Krise - kann die Pandemie aus Deiner Sicht auch positive Veränderungen bewirken? 
Ich freue mich, dass bestimmte Berufsgruppen, die ansonsten eher unbeachtet bleiben, wie z.B. die Mitarbeiter eines Supermarktes, Paketdienstes oder die Angestellten in der Krankenpflege usw. jetzt die gebührende Aufmerksamkeit bekommen. Allgemein erwarte ich für die Gesellschaft, mich eingeschlossen, einen anderen Umgang in Bezug auf unseren Überfluss, bei der Umwelt und unseren Ressourcen.

 
 

In seinen meist grossformatigen Ölgemälden setzt sich der Regensburger Künstler Stefan Bircheneder fotorealistisch mit Industrieruinen und verlassenen Arbeitsorten auseinander. Es sind Orte, die eine Geschichte erzählen, und die der Künstler selbst besucht, sogar wenn die Gebäude einsturzgefährdet sind. Seine menschenleeren Panoramen und Nahaufnahmen aus stillgelegten Fabriken halten konservatorisch die Entstehung und Entwicklung unserer Industriekultur fest und damit auch den Umbruch von der industriellen zur maschinellen Produktion und letztlich zur digitalen Wende.

Bei den Arbeiten aus dem Zyklus „Nur für Personal“ konzentriert sich der Künstler auf die Privatsphäre der Fabrikarbeiter. Die fehlende figürliche Darstellung der Arbeiter im Werk von Stefan Bircheneder wird anhand von Bildobjekten und Leinwandgemälden von Sozialräumen innerhalb von Produktionsstätten aufgehoben. Durch die als Trompe-l’œil angelegten Variationen von Spinden, die uns einen Einblick in den intimen Rückzugsort der Angestellten gewähren, werden die ehemaligen Arbeiter präsent.

 

Werkauswahl

 
Dass die traditionelle Arbeitsweise am Ende ist und immer mehr Menschen für die Herstellung von Waren und Gütern entbehrlich werden, zeigt Bircheneder wie kein Künstler seiner Generation, indem er die Orte des Geschehens aufsucht und wie ein Filmset aussehen lässt.
— Dorothee Baer-Bogenschütz in «Zwischen Pathos und Pin-Up» aus dem Katalog «Nur für Personal», 2019, S. 10