Drei Fragen an Lisa Lorenz…
An welchem Projekt arbeitest Du gerade?
Da sind zunächst die zeitlich unbegrenzten Projekte. Verlorene Puppen: Bei den Puppen geht es auch um das Verlorensein, das Ausgeliefertsein. Flüchtige Momente: Sie zeigen sich mir zufällig als Fata Morgana. Strassenkehrer: Sie faszinieren mich schon seit meiner Jugend, sie beeindrucken mich mit ihrem unverkennbaren Stolz. Immer wieder bearbeite ich Polaroid SX70 Fotografien. Ich koloriere S/W Fotografien.
Wie beeinflusst die gegenwärtige Situation Dein künstlerisches Schaffen?
Ich beschäftige mich kontinuierlicher als vorher mit meinen Themen.
Chancen in der Krise - kann die Pandemie aus Deiner Sicht auch positive Veränderungen bewirken?
Das ist schwer zu beantworten. Erst einmal: Nein, denn ich kann dieser Krankheit nichts Positives abgewinnen. Sie macht uns unsere Hilflosigkeit klar. Wir sind ihr ausgeliefert. Wir bewegen uns wie in einem Albtraum durch die Stadt, meiden andere Menschen. Es ist beängstigend unwirklich. Ja, weil uns bewusst wird, dass wir aufmerksamer mit unseren Mitmenschen und uns umgehen müssen.
Lisa Lorenz fängt in ihren Fotografien Stimmungen ein. Sie beschreibt sich selbst als eine «Augenblicke - Sammlerin». Besondere Augenblicke lassen sich nicht reproduzieren, kaum da, sind sie auch schon wieder verflogen. Diese Augenblicke einzufangen, ist eine grosse Kunst. So zeigt Lorenz in ihren schwarz-weiss Aufnahmen aus Berlin die Lieblingsorte von über 100 von ihr dazu befragten Einwohnern. Mit Berlin verbindet Lisa Lorenz eine lange Beziehung, denn die Künstlerin lebte dort über 22 Jahre und war Zeugin der wechselhaften Geschichte. Ihre Werke sprechen die Sprache Berlins, zeigen Momentaufnahmen, unverstellt und mitten aus dem Leben. Doch auch für diese Momentaufnahmen musste sich Lorenz Zeit nehmen, um den jeweiligen Ort in ihrer eigenen Komposition zu zeigen, so mit einem vorbeifahrenden Radler oder einem traurigen Hund. In ihren Polaroidaufnahmen greift Lorenz eine andere Bildsprache auf. Diese Arbeiten sind leiser, sensibler, entrückt. Aber auch hier geht es darum, Momente einzufangen.
- Anabel Roque Rodrìguez für THE VIEW (2019)